Zwischen Gut und Neubeginn in Waterloo
Als Gutsarbeiter erlebte Ernst Maß gegenseitigen Respekt und gute Nachbarschaft mit der Familie von Bonin, später wurde er Neubauer und arbeitete dann in der LPG.
Gerda und Ernst Maß bei ihrer Goldenen Hochzeit 1978
Das Leben von Gerda und Ernst Maß war geprägt durch Vertreibung, Krieg und soziale Umbrüche des letzten Jahrhunderts. In der Prignitz fand das Paar zusammen, beide lebten hier bis zu ihrem Lebensende. Ernst Maß wurde 1901 in Mühlingen im Kreis Obornik geboren, einem Gebiet, das nach dem Ersten Weltkrieg infolge des Großpolnischen Aufstands an Polen fiel. Wie viele Deutsche musste auch Ernst seine Heimat verlassen. Er fand Zuflucht in der Prignitz, wo er bald seine zukünftige Frau Gerda aus Luggendorf kennenlernte. 1928 heirateten sie und begannen ihr gemeinsames Leben unter einfachen Bedingungen bei Verwandten in Groß Pankow.
Mitte der 1930er Jahre zog die junge Familie mit den Töchtern Edelgard (geb. 1929) und Ehrentraud (geb. 1931) nach Waterloo. Dort bot das Gut des Majors Joachim von Bonin sowohl Arbeit als auch Wohnraum in neu gebauten Doppelhäusern, die für die damalige Zeit einen gewissen Komfort boten. Ernst Maß kümmerte sich als Gutsarbeiter vor allem um die Pferde, Gerda half gelegentlich bei der Ernte. 1939 kam die dritte Tochter Helga zur Welt.
Die Familie von Bonin pflegte ein gutes Verhältnis zur Dorfgemeinschaft. Zu Kindergeburtstagen wurden auch die Kinder des Dorfes eingeladen, darunter auch Tochter Edelgard. Diese erinnert sich an Süßigkeiten und Kuchen, gemeinsame Spiele und viel Spaß. Auch daran, dass bei starkem Schneefall eine Pferdekutsche des Gutes die Schüler aus Waterloo nach Blüthen zur Schule brachte.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 besetzte die Rote Armee Waterloo. Joachim von Bonin wurde gefangen genommen und starb 1946 in Petrosawodsk. Die Familie musste das Gut verlassen, zog nach Blüthen und dann nach Westdeutschland. Zum Abschied fuhr die Familie noch einmal mit der Kutsche durch Waterloo und verabschiedete sich von den Gutsarbeiterfamilien.
Für Ernst Maß begann nun ein neues Kapitel: Im Zuge der Bodenreform erhielt er Ackerland und Wald – aus dem Gutsarbeiter wurde ein selbstständiger Landwirt. Bis zur Gründung der örtlichen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) 1952 bewirtschaftete er die Felder selbst und arbeitete danach als landwirtschaftlicher Mitarbeiter in der LPG. Gerda und Ernst Maß verbrachten ihr restliches Leben in der Prignitz.
Das Gutshaus diente fortan als Wohnung für Umsiedler, als Erntekindergarten und Ferienheim. Heute wird es privat genutzt. Die übrigen Gebäude des früheren Guts sind inzwischen Eigentum der Agrargenossenschaft Karstädt.