Vater des Blüthener Pferdemarktes
Der Landwirt, Pferdezüchter und Mitbegründer des Reitvereins in Blüthen fand nach 1945 in der Prignitz eine neue Heimat und gestaltete das dörfliche Leben maßgeblich mit.
Günter Wegt bei einem Ernteumzug
Günter Wegt, geboren am 23. März 1929 in Obrawalde, Kreis Meseritz, steht exemplarisch für das bewegte Schicksal vieler Menschen des 20. Jahrhunderts. Als ältestes von fünf Kindern musste er mit seiner Familie 1945 vor der heranrückenden Roten Armee fliehen. Ihr Weg führte sie nach Blüthen, wo sie zunächst auf dem Hof Wolf untergebracht wurden.
Hier bewies Günter bereits mit 16 Jahren Mut und Entschlossenheit: In einer waghalsigen Nachtaktion holte er die von der Roten Armee beschlagnahmten Pferde auf den Hof zurück, die für die Landwirtschaft überlebenswichtig waren – ein früher Ausdruck seiner lebenslangen Leidenschaft für Pferde. Einige Jahre später erhielt die Familie in Waterloo im Zuge der Bodenreform eine Neusiedlerstelle mit Ackerland.
1950 heiratete Günter in der Blüthener Kirche Ilsetraud Gragert, die dort auf dem elterlichen Hof arbeitete. Gemeinsam bewirtschaftete das Paar das Land, zunächst traditionell mit Pferdegespann, später auch mit Traktor und Technik – in einer Zeit, in der harte Arbeit und Selbstversorgung zum Alltag gehörten. Sie lebten mit ihren zwei Kindern auf dem Betrieb, den Ilsetraut 1959 von ihren Eltern überschrieben bekommen hatte, mit zahlreichen Tieren und einem großen Garten. Ilsetraud war eine vielseitige Bäuerin und leidenschaftliche Gastgeberin: Sie molk, schlachtete, butterte, räucherte Würste und Schinken. Im Winter strickte und nähte sie. Ilsetraud bewirtschaftete Haus und Hof mit Hingabe, war eine richtige „Putzfee“ und bereitete für ihre Gäste immer frisch gefilterten Kaffee und selbst gebackenen Kuchen zu.
Günter Wegt hatte auch den Schalk im Nacken. So versteckte er zu Ostern für seine Kinder und Enkel gerne frische Pferdeäpfel statt bunter Eier in den Nestern. Ein Osternest befand sich auch immer im Pferdestall, wo meistens schon das erste Osterfohlen bewundert werden konnte.
Der passionierte Reiter war nicht nur Landwirt, sondern auch ein aktiver Gestalter des Dorflebens. Als Gründungsmitglied des Reitvereins 1952 prägte er das ländliche Miteinander nachhaltig. Seine Liebe zu Pferden gab er an Sohn Hans-Joachim weiter, der später Agrarwirtschaft studierte und erst in der LPG, nach 1992 als selbstständiger Landwirt in Blüthen arbeitete. Auch war er erfolgreicher Pferdezüchter und Reiter, wie sein Vater. Über Jahrzehnte hinweg wurden Reitturniere, Erntetänze und später auch der Blüthener Pferdemarkt von der Familie mitorganisiert.
Letzterer, 1991 von Günter Wegt, gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Wolfgang Behn, ins Leben gerufen, wuchs später zu einem überregional bekannten Ereignis heran. In den ersten Jahren fing alles ganz klein an, es wurde rege gehandelt, Pferde mittels „Handschlag“ verkauft oder getauscht. Es spielte eine zünftige Blaskapelle und reichlich Essen und Trinken war im Angebot. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Angebote und Händler dazu und die Besucherzahl stieg stetig. Inzwischen ist dieser Markt als Hobby- und Pferdemarkt das bedeutende Großevent in der Gemeinde Karstädt. Über die Prignitzgrenzen weit hinaus bekannt, kommen jedes Jahr am 1. Mai tausende Besucherinnen und Besucher nach Blüthen.