Mittagsstunde

Zu den aussterbenden Lebensgewohnheiten in der Moderne gehört auch der Mittagsschlaf. In einer früheren Welt waren die Stunden zwischen Zwölf und Zwei heilig. Bitte nicht stören! Nach dem Essen legte man sich hin, denn man war ja zeitig aufgestanden – vor allem die Menschen im Dorf, einst, als es dort noch Bauern gab, die in der Frühe ihre Kühe melken mussten. Eine verschwundene Welt, in der es noch den Mittagsschlaf gab.

Von so einem Dorf und vom Verschwinden nicht nur der Ruhezeiten erzählt Dörte Hansen in ihrem zweiten Roman „Mittagsstunde“. Das fiktive Örtchen Brinkebüll hatte einst alles, was ein Dorf auszeichnete: Kirche, Schule, Laden, Gasthaus, Kastanienallee, Hecken und Wiesen und Wälder. Doch innerhalb weniger Jahrzehnte ging alles verloren. Das Dorf verwandelte sich in eine bequem mit dem Auto zu erreichende Schlafstätte für Zugezogene. Und zugleich verschwand auch die Mittagszeit mit all ihren Geheimnissen, Herrlichkeiten und Heimlichkeiten.